Thinking big

Unser gestriger Trip ins Zentrum hatte zwei Ziele: Einmal das, was hier Altstadt genannt wird, einschließlich dem Yu Yuan Garten, und andererseits die „Shanghai City Development Exhibition Hall“.

Die Altstadt hat mich nicht wirklich vom Hocker gehauen. Als typische Touristenattraktion muss man sich zunächst 100.000 aufdringlichen Angeboten a la „Wanna buy D V D? Watch? T-Shirt? Good prices!! Vääääry cheap!“ erwehren. Selbst wenn man sie freundlich abweist, rennen sie einem schon mal locker 50 Meter hinterher. Erst wenn man ihnen zähnefletschend wirklich tödliche Blicke zuwirft, verstehen sie irgendwann, dass man möglicherweise doch nicht als Stammkunde zu gewinnen ist. Auch ansonsten Kommerz, soweit das Auge reicht. Von McD bis Pizzahut ist alles vertreten und Myriaden von Souvenirläden buhlen um Kundschaft. Zwischen all der blinkenden Reklame entdeckt man schlußendlich dann doch noch ein paar chinesische Holzhäuschen und für ein paar Yuan darf man sich auch noch in einem touristengefluteten daoistischen Tempelhof umschauen. Schlauerweise wurden hier sogar einige Opfer-Kohlehaufen abgefackelt, deren Rauch sein bestes tat, eine Überfüllung des Platzes zu vermeiden. Schlußendlich drehten wir dann noch die obligatorische Runde über die „Brücke der neun Wendungen“, die man auch etwas weniger hochtrabend als touristenüberfluteten Zickzacksteg über ein muffiges, überdimensioniertes Goldfischbecken bezeichnen könnte.

Der direkt angrenzende Yu Yuan dagegen blieb seltsamerweise von Touristen fast völlig verschont. Auf verschlungenen Wegen wird man hier durch lichte Bambuswäldchen und entlang eines kleinen Bachlaufes geführt. Erbaut wurde dieser Ruhepol der Altstadt anno dazumal von einem wohl sehr vorausschauenden Stadtbeamten, denn momentan ist der Park noch einer der wenigen grünen Flecken in der Shanghaier Innenstadt.

Das soll sich allerdings in den nächsten Jahren stark ändern, wie wir dann in der City Development Exhibition erfahren durften. Die Halle selbst liegt einen längeren Fußmarsch weiter an einer der anderen grünen Flecken der Stadt, dem sogenannten Volksgarten. Falls man es noch nicht vorher wusste, spätestens schon das pompöse Aussehen der Halle verrät dem geneigten Betrachter: In Shanghai wird nicht gekleckert, hier wird geklotzt! Die Details werden dann drinnen eingehend erläutert. Das auffälligste und schönste Ausstellungsstück der Halle ist ein gigantisches Modell des etwas weiter gefassten Zentrums von Shanghai. Anhand dieses Modells bekommt man dann erst einmal alle möglichen Bauvorhaben des aktuellen Fünf-Jahres-Entwicklungsplans erläutert. Geplant sind beispielsweise eine neue, überdimensionierte Wolkenkratzerkolonie etwas nordöstlich des Bunds und ein riesiger Umbau der Stadt an den Ufern des Huang für die World Expo 2010. Die momentanen drei Metrolinien sollen bis 2015 auf 20 Linien und insgesamt 1000 Streckenkilometer ausgebaut werden. Und eine zweite Transrapidstrecke wird dann die beiden Flughäfen verbinden, während die bisherige Strecke noch weiter ins Zentrum verlängert wird.

Die etwas andere Dimension hier wird auch an den Ausbauplänen des Flughafens in Pudong klar. Aus den Momentan zwei Startbahnen und einem Terminal sollen bis 2020 fünf Startbahnen und Terminals werden. Bis dahin soll der Flughafen dann eine Kapazität von 100 Millionen Passagieren erreichen. Das Doppelte von dem, was momentan in Frankfurt verladen wird. Geklotzt wird auch bei dem neuen Tiefseehafen für die Containerschiffe, die einfach noch etwas dicker sind als alles was bisher rumschippert. Für letzteren werden nämlich locker flockig mal 30km Brücke in den Ozean gebaut.

Freundlicher Herr, der am liebsten mit Tintenfischbrocken um sich wirftAls ob Shanghai nicht schon groß genug wäre, weiteres Wachstum ist hier jedenfalls fest eingeplant. Auf dem Heimweg ereignete sich dann noch eine nette Episode mit einem freundlichen Herrn vom Imbissstand. Die doch eher appetitverderbend aussehenden Octopusspieße hatten mein Interesse geweckt, allerdings schien der Gute auf meine fotografischen Absichten nicht allzu gut zu sprechen gewesen sein. Jedenfalls wurde ich außer mit ziemlich böse klingenden Worten auch noch mit Octopus Bratfett und Spülwasser bespritzt, als ich die Absichten in die Tat umsetzte. Das Ergebnis entschädigt aber auf jedenfall.