Der Himmel über Shanghai ist eine der gewöhnungsbedürftigeren Dinge. Auch an Tagen mit strahlender Sonne, will sich die Blaufärbung nicht so recht gegen das diffuse Grau der Smogglocke durchsetzen. Man vermisst das knackige Blau und die klare Sicht. Alternativ wünscht man sich, zumindest etwas Textur von Wolken zu erkennen, um das Gesehene in vertraute Muster einzuordnen. Aber da ist nichts. Nur jede Menge weichgezeichnetes Grau-Blau. Auch nachts sorgt der Himmel für ungewohnte Bilder. Außerhalb des Zentrums, wie hier am Jiading Campus, wo es keine Hochhäuser und Flutlichtanlagen mehr gibt, erfüllt ein orange-rotes Dämmern die ganze Nacht hindurch den Himmel. Man wird unfreiwillig an verschiedene Weltuntergangsszenarien diverser Computerspiele erinnert. Nicht einmal hier draußen sieht man Sterne. Immerhin, der Mond ist geblieben. Im Zentrum zwischen all den hell beleuchteten Wolkenkratzern ist der Himmel einfach nur tief grau. Je nach Wetterlage mal mit, mal ohne Textur. Nicht schwarz, nicht blauschwarz, nicht einmal orange-rot, sondern einfach nur undurchdringlich grau. Interessanter Weise stört das zwischen all den bunten Lichtern allerdings kaum. Die teilweise sehr kunstvoll inszenierten Lichtspiele an den verschiedenen Türmen kommen so noch besser zur Geltung. Da wir keinen Foto dabei hatten, muss das detaillierte Ausmalen des Panoramas allerdings der Fantasie des Lesers überlassen bleiben. Soviel zu unseren gestrigen Beobachtungen.
Wir waren nach einigem Organisationskram am Siping Campus direkt im Zentrum geblieben. Mission: Party. Also das nachzuholen, was man am Antinger Ghettocampus schwer vermisst. Das All-you-can-drink in der (Open-) Air Bar wurde wegen leichten Nieselregens zugunsten von Plan B, der Absolut Icebar in der Huaihai Lu aufgegeben. Das ist zunächst eine recht schicke und teure Bar im Keller eines Wolkenkratzers. Nachdem man für chinesische Verhältnisse innen nochmals unerhört viel Eintritt gezahlt hat, wird man in einen relativ warmen Umhang gesteckt und die dicken Tore zum Herz des Kellers, der Eisbar, öffnen sich. Drinnen ist es erwartungsgemäß arschkalt – da hilft auch der ausgeteilte Umhang nichts. Dafür bekommt man allerdings eine sehr bizarre Atmosphäre geboten, für die man ansonsten wohl nach Grönland fahren müsste. Alle Wände um einen herum sind aus Eis. Mal milchig, mal klar, mal perfekt zusammengebaute Quader, mal kunstvoll geschitzte Brocken als Trennwand. Hinter einigen Eiskristallen sind Lichter angebracht, die in alle Richtungen gebrochen werden. Sogar die Becher sind aus Eis! Etwa handbreite Eiswürfel mit einer großen Bohrung in der Mitte, in die dann die verschiedenen Absssssssolut Vodka Kreationen gefüllt werden. Max hatte daran besonderen Gefallen gefunden. Er fand die Becher so toll, dass er seinen gleich komplett verputzt hat. Kurz erwähnt sei noch das babyface, ein kleiner Club direkt neben an, dem wir anschließend noch einen kurzen Besuch abstatteten und der mir bisher am besten gefallen hat. Kein Eintritt, wenig westlich-touristisches Publikum, tanzbare Musik, und ausnahmsweise auch halbwegs hübsche Frauen.
Draußen auf der Straße war derweil die Deutsche Woche, eine größer angelegte Werbeaktion diverser Firmen im Zeichen des Brandenburger Tors, die in China noch etwas an ihrem Marktanteil arbeiten wollten. Am meisten Mühe mit ihrem Stand hatte sich definitiv die Allianz gegeben, die mit einer sehr hübschen, begehbaren Miniaturversion der Allianz Arena und einem soliden Kickertisch auf Kundenfang ging. Nebenan gabs auch noch „original“ deutsche Backwaren, also Brot, das den Namen verdiente, Brezen, Semmeln etc. etwas, das von diversen Personen hier schon schwer vermisst wird.