Fakes und Feilscherei

Shoppen in Shanghai ist ein Kapitel für sich. Eines, für das man sich auf jeden Fall viel Zeit mitnehmen sollte. Denn wie wir ja bereits wissen, verschlingt bereits die Anreise ins Zentrum schon mal zwei Stunden. Aber auch der restliche Ablauf ist nicht unbedingt auf Effizienz getrimmt, was für den männlichen Kunden wohl das größere Problem darstellt. Aber der Reihe nach.

Zum Shoppen gibt es hier mehrer Optionen. Numero eins: Touristen-Fakemärkte, also das was man in jedem Reiseführer findet. Die Qualität ist unter aller Sau und die Preise, auch wenn man gut feilscht, für die schäbige Ware noch zu teuer. Ein Gürtel, den ich mir hier beispielsweise besorgt hatte, war schon nach etwa zwei Wochen im Eimer. Numero zwei: Westliche Kaufhäuser, die Glamourmeile bzw. diverse Markengeschäfte. Hier zahlt man westlich überteuerte Preise, also beispielsweise lächerliche 50€ aufwärts für diverse T-Shirts oder auch mal 750€ für irgend ne bestickte Jeans. Also auch nicht unbedingt das, was den studentisch betuchten Shopper glücklich macht. Und dann wäre da noch Numero drei, von der mir Zhu, einer meiner Basketballcollegas irgendwann erzählt hatte, als ich ihm unser bisheriges Shoppingleid beichtete.

Emma mit FotoNumero drei sind sogenannte A-Klasse-Fakemärkte, denen ich letzten Samstag zusammen mit Zhu, Peng, Emma, Jessi und den Schweden einen Besuch abstattete. Hier kommt das auf den Tisch, was nachts heimlich in der Originalfabrik produziert wird, tagsüber dummerweise vom Laster fällt, oder auch ganz lapidar kopiert wird, allerdings mit ähnlicher Qualität wie die jeweiligen Originale. Die Preise sind dementsprechend auch etwas höher als auf den Touristenmärkten. Dass Feilschen hier ebenfalls zum Alltag gehört, braucht eigentlich nicht weiter erwähnt werden, und dass die zuerst genannten Preise des Händlers reine Märchenschlösser sind, auch nicht. Man sollte schon etwa wissen, wieviel man wofür bezahlen muss, bevor man einen Großeinkauf tätigt. Denn letztlich lassen sich die anfänglich genannten 30€ für ein kopiertes Marken-Tshirt mit etwas Hartnäckigkeit auf 4€ reduzieren. Ein Pulli geht für etwa 8€ über die Theke, eine Jeans für 10€. Der Geldbeutel hat also gut zu lachen.

Blick in einen der zahllosen GängeDas Einkaufen selbst ist wie schon gesagt etwas gewöhnungsbedürftig. Schon weit vor dem Markt selbst, wird man von mehr oder minder zwielichtigen Gestalten angesprochen, die einem mit den üblichen Sprüchen („Wanna buy…“) auf den Geist gehen. Nachdem man die ersten zwanzig Kundenschlepper verscheucht hat, findet man dann doch meistens einen etwas seriöser aussehenden Zeitgenossen. Der kümmert sich dann fortan darum, dass man nicht weiter zugetextet wird und fungiert als eine Art persönlicher Marktführer im endlosen Trubel des Marktes. Der Markt in der Qipu Lu, dem Ziel unserer Shoppingtour, befindet sich in einer Art überdimensioniertem, fünfstöckigem Kaufhaus, um das rundherum dichtes Gedränge herrscht. Die Verkaufsfläche ist unzählige kleine Läden unterteilt, zu denen man durch enge, zugestellte Gänge gelangt. Von Brandschutzauflagen und Rettungswegen hat hier scheinbar noch niemals jemand etwas gehört. Teilt man dem Tourguide mit, was man kaufen möchte, wird man zielstrebig von Laden zu Laden geführt. Womit der Gute sein Geld verdient, ist mir immernoch unklar. Entweder er bekommt Verkaufsprovision, was seinen Arbeitseifer erklären würde, oder er wird wohl irgendwie vom Besitzer des Kaufhauses angeheuert.

Zhu, Nil und ich am FeilschenAnprobieren ohne Kabine gehört hier nebenbei bemerkt zum Alltag und nur wenn man Glück hat, bekommt man immerhin einen Stofffetzen vorgehalten. Hat man etwas ansprechendes gefunden, geht dann das große Feilschen los. Teilweise haben wir auch zweimal den Laden verlassen, haben uns bei der Konkurrenz umgesehen, sind wieder gekommen, haben nochmals verhandelt, bis der Verkäufer langsam kapiert hat, dass wir uns nicht sonderlich als Weihnachtsgans eignen. Hartnäckigkeit, Geduld und Zeit sollte man also definitiv mitbringen. Und wenn man das Ganze nicht zu ernst sieht, es von der humorvollen Seite nimmt und mit ein paar eingestreuten Brocken Chinesisch Kompetenz suggeriert, sind die Händler auch schneller kompromissbereit. Frei nach dem Motto „Ich weiß, dass du mir Fantasiepreise erzählst, und ich weiß auch, was das Teil wirklich wert ist, also lassen wir das Gesabbel, ich geb dir jetzt 100 Yuan und gut is.“

Das End vom Lied ist, dass ich jetzt mittlerweile schon fast mehr Klamotten gekauft habe, als ich überhaupt von Deutschland mitgebracht hatte, und dafür gerade mal 60€ losgeworden bin. So macht Einkaufen sogar Männern Spaß!