tongji@night

Nach mehreren nächtlichen Spaziergängen ist jetzt meine kleine Serie über den Jiading Campus der Tongji Universität bei Nacht vorerst einmal abgeschlossen. Die Serie enthält der Reihe nach die hübschesten Fleckchen, wenn man vom Haupttor bis zu unserer Unterkunft schlendert. Die Bilder entstanden alle mit Christians Kamera und Belichtungszeiten von bis zu acht Sekunden. Da ich kein Stativ dabei habe, sind einige Bilder daher leider etwas unscharf.

Absssssssssssolut

Der Himmel über Shanghai ist eine der gewöhnungsbedürftigeren Dinge. Auch an Tagen mit strahlender Sonne, will sich die Blaufärbung nicht so recht gegen das diffuse Grau der Smogglocke durchsetzen. Man vermisst das knackige Blau und die klare Sicht. Alternativ wünscht man sich, zumindest etwas Textur von Wolken zu erkennen, um das Gesehene in vertraute Muster einzuordnen. Aber da ist nichts. Nur jede Menge weichgezeichnetes Grau-Blau. Auch nachts sorgt der Himmel für ungewohnte Bilder. Außerhalb des Zentrums, wie hier am Jiading Campus, wo es keine Hochhäuser und Flutlichtanlagen mehr gibt, erfüllt ein orange-rotes Dämmern die ganze Nacht hindurch den Himmel. Man wird unfreiwillig an verschiedene Weltuntergangsszenarien diverser Computerspiele erinnert. Nicht einmal hier draußen sieht man Sterne. Immerhin, der Mond ist geblieben. Im Zentrum zwischen all den hell beleuchteten Wolkenkratzern ist der Himmel einfach nur tief grau. Je nach Wetterlage mal mit, mal ohne Textur. Nicht schwarz, nicht blauschwarz, nicht einmal orange-rot, sondern einfach nur undurchdringlich grau. Interessanter Weise stört das zwischen all den bunten Lichtern allerdings kaum. Die teilweise sehr kunstvoll inszenierten Lichtspiele an den verschiedenen Türmen kommen so noch besser zur Geltung. Da wir keinen Foto dabei hatten, muss das detaillierte Ausmalen des Panoramas allerdings der Fantasie des Lesers überlassen bleiben. Soviel zu unseren gestrigen Beobachtungen.

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Von Mägen und Wolkenkratzern

Nachdem wir die letzten Tage das Essen der westlichen Restaurants hier am Campus getestet haben, muss sich irgendwo auf dem Weg zwischen Pizza, Burgern und BBQ wohl noch irgendwas Unverträgliches in unsere Mägen geschlichen haben. Vorgestern bekamen jedenfalls Max und ich Durchfall und Bauchschmerzen. Michael „der Saumagen“ blieb dagegen verschont. DASS es mal dazu kommen musste war uns irgendwie klar, überraschend nur, dass westliches und nicht chinesisches Essen der Grund dafür war. Max hat sich schnell wieder erholt, in mir dagegen herrscht trotz Magentropfen und Durchfalltabletten immer noch Krieg.

Vielleicht um mir den ungesunden westlichen Fras abzugewöhnen hat mich dann gestern noch Lobelt (Robert) zum Essen eingeladen und besondere Delikatessen auftischen lassen: Hühnerinnereien und Entenblut. So gut wie da haben mir wahrscheinlich noch nie die Beilagenudeln geschmeckt.

Trommelwirbel – nun meine lang geplante 5 Sterne Überleitung

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Ausrutscher

Eigentlich hatte ich überhaupt nicht vor, chinesische Krankenhäuser von innen zu sehen, aber erstens kommt es ja bekanntlich anders, und zweitens als man denkt. Ich hatte mich beim Basketball spielen mit einigen Chinesen auf dem regennassen Gehweg nebenan unsanft aufs Kinn gelegt und mir dort eine Platzwunde zugezogen. Im ersten moment hatte ich davon mal wieder garnichts gemerkt, erst als ich dann plötzlich nen ordentlichen Klecks Blut in der Hand hatte und keine Ursache lokalisieren konnte, wurde ich nachdenklich.

Kurz und gut bin ich dann mit Christians Arbeitskollegen aka Lobelt aka Robert und zwei Freunden von ihm ins nächste Krankenhaus gefahren. Bevor ich im Taxi meinen Geldbeutel zücken konnte, hatte Robert mal wieder bezahlt. Er bringt mich wirklich noch zum Verzweifeln. Wenn man ihn nicht mit physischer Gewalt vom Bezahlen abhält und eine zweite Person derweil das Zahlen übernimmt, kann ihn kein noch so ausgefeilter Trick stoppen. Robert ist immer schneller.

Das Krankenhaus in Anting machte einen ordentlichen Eindruck. Als erstes warf der relativ junge, glücklicherweise vertrauenserweckende Stationsarzt einen Blick auf die Wunde, dann bekam ich für 1€ eine Patientenkarte. Für weitere sage und schreibe 6€ wurde ich dann zusammengeflickt und bekam noch nen pack Antibiotika und ne Tetanusimpfung mit. Für die Impfung gabs erst sogar noch nen Test gegen Überempfindlichkeit. Irgendwie hatte ich den Eindruck, dass ich etwas mehr als rundum perfekt versorgt werden sollte. Oder dass ich von der perfekten medizinischen Versorgung in China überzeugt werden sollte. Alle meine Versuche, mich höflich um die Tetanusimpfung, die ich mir erst vor zwei Wochen in Deutschland hatte erneuern lassen, zu drücken, waren jedenfalls vergebens. Das Antibiotika hab ich vorerst auch mal sein lassen, solange sich nichts entzündet.

Gestern morgen, also eine Nacht später, sah das ganze auch schon wieder viel besser aus. Der Verband ist ab, die Wunde heilt gut und unter dem 3-Tage-Bart ist die Naht kaum zu sehen.

Einen Ausrutscher der anderen Art lieferte sich vorgestern Nacht noch Christian, der beim nächtlichen Trip ins Zentrum deutlich tiefer ins Glas geschaut hatte, als sein Magen und sein Erinnerungsvermögen für gut befanden. Max hat die Schmankerl des Abends glücklicherweise fotografisch festgehalten, was momentan dazu führt, das Christian sogar bereit wäre, seine Seele zu verkaufen, nur um die Veröffentlichung der Bilder zu verhindern.

Nachtrag von Bümmel
Alles halb so wild, eins der Tsigtaos muss schlecht gewesen sein. 🙂

Thinking big

Unser gestriger Trip ins Zentrum hatte zwei Ziele: Einmal das, was hier Altstadt genannt wird, einschließlich dem Yu Yuan Garten, und andererseits die „Shanghai City Development Exhibition Hall“.

Die Altstadt hat mich nicht wirklich vom Hocker gehauen. Als typische Touristenattraktion muss man sich zunächst 100.000 aufdringlichen Angeboten a la „Wanna buy D V D? Watch? T-Shirt? Good prices!! Vääääry cheap!“ erwehren. Selbst wenn man sie freundlich abweist, rennen sie einem schon mal locker 50 Meter hinterher. Erst wenn man ihnen zähnefletschend wirklich tödliche Blicke zuwirft, verstehen sie irgendwann, dass man möglicherweise doch nicht als Stammkunde zu gewinnen ist. Auch ansonsten Kommerz, soweit das Auge reicht. Von McD bis Pizzahut ist alles vertreten und Myriaden von Souvenirläden buhlen um Kundschaft. Zwischen all der blinkenden Reklame entdeckt man schlußendlich dann doch noch ein paar chinesische Holzhäuschen und für ein paar Yuan darf man sich auch noch in einem touristengefluteten daoistischen Tempelhof umschauen. Schlauerweise wurden hier sogar einige Opfer-Kohlehaufen abgefackelt, deren Rauch sein bestes tat, eine Überfüllung des Platzes zu vermeiden. Schlußendlich drehten wir dann noch die obligatorische Runde über die „Brücke der neun Wendungen“, die man auch etwas weniger hochtrabend als touristenüberfluteten Zickzacksteg über ein muffiges, überdimensioniertes Goldfischbecken bezeichnen könnte.

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Chinesen und Sport

Sooo… mal sehn ob dieses „Blog Zeugs“ jetzt funktioniert.

Blog check eins zwo, eins zwo!

Bis jetzt wurde mein Zugriff nämlich immer „geblockt“, weil der Mischa des mit der Technik nicht so drauf hatte. 😉 Aber an unfähige Menschen haben wir uns in den letzten Tagen ja schon gewöhnen können.

Jetzt aber mal was positives. Sport wird hier in Shanghai echt groß geschrieben. Allein auf unserem Campus (Jiading-Campus) gibt es 3 Fußballplätze, 10 Basketballplätze, ca. 25 Barren und Reckstangen sowie ein Fitnesscenter.

Fitnesscenter der Tongji-University

Während Christian und ich in einem ehr bescheiden eingerichteten Kraftraum zugange waren, spielte Mischa mit ein paar Chinesen Basketball. Der Mischa erzählt zwar immer, dass er voll gut sei aber irgendwie kann er es glaub ich doch nicht 😉 Das Spiel endete nämlich in einem Shanghaier Krankenhaus. Dort haben ihn die Ärzte nach einem Sturz für umgerechnet schlappe 3 EUR wieder zusammen genäht.

Noch was wichtiges: Wir haben jetzt ein Fahrrad!!

Das war auch nicht teuer, hat nur 25 EUR gekostet und ist nagelneu. Meins geht am schnellsten glaube ich. So jetzt habe ich keine Lust mehr weiter zu schreiben, weil ich super monstermäßig hunger habe. Das kommt vom training mit Christian heute.
Bye, bye

Bitte werfen Sie das benutzte Toilettenpapier in den Abfalleimer

Da wir noch am Anfang unseres Aufenthaltes in China stehen und es mir chronologisch nach dem Thema übers Essen sinnvoll erscheint, werde ich nun einen anderen fundamentalen Brennpunkt mit der Kneifzange anfassen: Kacken

Kurz nach unserer Ankunft waren wir überaus begeistert über die geniale Idee, in den Wohnheimszimmern die Toilette direkt neben der Dusche zu postieren. Diese unmittelbare Nähe lässt es durchaus zu, zwei wichtige morgendliche Aktivitäten zu kombinieren und daraus ein feucht-fröhliches Vergnügen zu machen.

Diese Hochachtung vor den Chinesen als Vorreiter in Sachen Kotentsorgungstechnik ließ allerdings auch wieder schnell nach, nachdem wir uns mal andere Klos aus der Nähe angeschaut hatten. Um`s kurz zu machen, es sind Löcher im Boden, in die man das Klopapier nicht werfen darf, da es sonst verstopfen würde. Abhilfe schafft der Mülleimer daneben.

So weit so gut, nun scheint aber auch die Klotüre manchmal ein zusätzliches, nicht unbedingt notwendiges Extra zu sein. So konnten wir gestern in einem Restaurant einen in der Hocke sitzenden Koch mit großer Kochmütze und ner Zeitung in den Händen bestaunen, der auf unser peinlich berührtes „oh, sorry“, nur damit reagierte, uns herein ans Pissoir zu winken, und dem Ganzen noch akkustisch mit eindeutigen dumpfen Tönen Nachdruck zu verleihen. Sonst ließ er sich nicht weiter von uns stören.

Esstechnisches

Das Essen hier ist jedesmal ein Abenteuer für sich, das meistens schon mit der großen Frage beginnt, ob es wohl eine englische Karte geben wird. Falls nicht, bleibt noch die meist vergebene Hoffnung auf brockenweise Englischkenntnisse des Personals, ein Restaurantwechsel oder der absolute Griff ins Blaue. Zu diesem sahen wir uns allerdings bisher noch nicht genötigt und angesichts der merkwürdigen Kreationen, die wir hier schon auf diversen Tellern auf Nachbartischen gesehen haben, werden wir uns davon wohl noch eine Weile fernhalten.

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Stürmisches

Die Ruhe vor dem Sturm kann unglaublich entspannt sein. Nach einer Überdosis Cappuchino am frühen Abend lausche ich gerade dem monotonen, nächtlichen Grillenzirpen draußen vor dem Fenster, während der Countdown bis morgen Mittag, also etwa in neun Stunden, langsam heruntertickt. Wipha ist als Taifun der Stärke 2-3 und mit Windstärken um die 100km/h angekündigt. Obwohl es tagsüber aus Eimern gegossen hat, regt sich jetzt kein Lüftchen mehr und von Regen ist auch nichts zu sehen. Überhaupt scheint der Taifun hier an der Uni mit großer Gelassenheit erwartet zu werden. Wir wurden lediglich gewarnt, nicht unbedingt morgen zur Einschreibung in die Stadt zu fahren, weil die Uni wegen des Wetters geschlossen haben wird. Mittlerweile ist uns auch klar geworden, wieso fast alle Bäume auf dem Campus mit kräftigen Leinen, die sich auf den Gehwegen nächtens beim Joggen als fiese Stolperfallen in diversen Höhenlagen bemerkbar machen, in sämtliche Richtungen abgespannt sind. Morgen wird sich dann auch zeigen, in wie weit die Strom- und Internetversorgung unter dem Sturm gelitten und ob unser schwedisch-thailändischer Zimmernachbar seine Drachenflüge im Selbstversuch unbeschadet überstanden hat.

Nachtrag
Noch sieben Stunden und immernoch absolut tote Hose.

Nachtrag-Nachtrag
Eigentlich sollte schon vor zwei Stunden die Hölle losgebrochen sein. Hier weht allerdings immer noch ein laues Lüftchen, gelegentlich mit ein paar Tropfen durchsetzt. Mal sehen was der Abend bringt.